Kneipp-Strafwesen

  • Das Stärken

    Unter Stärken versteht man die von einem Berechtigten ausgehende Aufforderung ein bestimmtes Quantum Bier, strafweise und unbedingt, d. h. ohne Widerruf zu trinken. Berechtigt ist den Fuchsen gegenüber jeder Bursch (auch der einer anderen MKV-Verbindung); Bei Burschen entscheidet die Anzahl der Couleursemester. Der Berechtigte muss aber Stoff haben, um diese Rechte ausüben zu können. Es können sich auch Gleichberechtigte stärken, jedoch muss derjenige, von dem eine solche Forderung ausgeht, selbst mitziehen, wobei der Aufgeforderte das Recht hat, das Quantum zu bestimmen. Die in Vollwichs fungierenden Chargen haben bei offiziellen Veranstaltungen das Recht, auch ältere Semester stärken zu lassen. Eventuelle Ungerechtigkeiten können dem Senior vorgelegt werden; der x bzw. der Phil-x gelten während ihrer Amtsperiode immer als älteste Semester, niemand kann sie daher stärken lassen.

    Das Präsidium hat dafür zu sorgen, dass auf einer Kneipe Ordnung herrscht und wird dabei von den Kontrarien unterstützt. Das meist benützte Mittel ist hier das Stärken, wobei sich auch Burschen von ihren Sitzen zu erheben haben. Das Stärken geht folgendermaßen vor sich:

    A: „ In die Kanne!“ oder „Stärk‘ Dich!“

    B: Sofort und ohne Widerrede unter Ziehen der Mütze, bis A „Satis“ sagt. (Füchse haben

    sich dabei zu erheben)

    Hat B gerade unverschuldet keinen Stoff, so gibt A das Quantum an, das B nach Stofferhalt zu trinken hat. B hat dieser Aufforderung sobald als möglich nachzukommen, mit den Worten: „Lieber N, me1de…. (Quantum) pro poena!“ und trinkt dann diese Quantum oder bis „Satis“ oder „Geschenkt“ gesagt wird. Absetzen ist nicht gestattet. Auch ist es nicht statthaft boshafterweise mehr zu trinken als befohlen wurde (Strafcharakter!) oder sonst irgendwie in ungeziemender Weise seinen Unmut zu zeigen (Neuerlicher Stärkungsgrund!). Sofern man es nicht strafhalber machen will, ist es aber nicht tunlich, bei unverschuldeten Stoffmangel die nächste Blume, pro poena zu diktieren, da man ja diese meist für besondere Ehrungszwecke reserviert und man nicht verlangen kann, dass sich ein Bb wegen eines Straftrunkes ein neues Glas Bier bestellen muss. Unbedingt zu vermeiden ist aber das strafweise Extrinken eines ganzen Glases.

    Ein Schenken durch ein älteres Semester ist nicht gestattet. Man muss sich unbedingt stärken, darf sich nicht widersetzen und nicht widersprechen. Falls B nicht sofort der Aufforderung zum Stärken nachkommt, spricht A: „Eins ist eins, zwei ist zwei, drei ist eine böse Z-A-H-L!“ Das letzte Wort wird dabei buchstabiert (Stärkespruch).

    Ein Nichtbefolgen gilt als eines der größten Commentvergehen und wird sofort mit dem BV bestraft (siehe „Der BV“). Füchse können deswegen auch gerügt werden. Nach erfolgter Stärkung kann man aber sofort um Angabe der Gründe ersuchen. Hält man diese Begründung nicht für stichhaltig, so hat man sich mit dem Betroffenen in keinen Disput einzulassen, sondern legt den Fall seinem Leibburschen oder einen älteren Semester vor und bittet um dessen Intervention.

    Im ersten Augenblick erscheint es nicht gleich einleuchtend, worin im Stärken die Bestrafung liegt und warum diese strenge Rangordnung herrscht. Dazu ist zu sagen, dass

    gesellschaftliche Einrichtungen immer jenen Sinn und Wert haben, den ihnen die Gesellschaft beimisst. Wenn diese etwas als eine Strafe einrichtet, so hat dies auch die Wertung als solche innerhalb ihres Kreises.

    Der Strafcharakter des Stärkens kommt dann zum Ausdruck wenn:

    Dadurch, dass diese Rechte nur bei Übertreten einer Commentvorschrift oder wegen unkorrekten Benehmens angewendet werden.

    Dass man überhaupt, und zwar genau so viel trinken muss, wie ein anderer, sonst Gleichberechtigter als Strafmenge bestimmt. Dass man ohne Widerspruch und vorherige Begründung sofort gehorchen muss.

    Leider wird das Stärkungsrecht oft missbraucht, da manche schon beim geringsten Vorwand davon Gebrauch machen und es viele nur tun, um anderen ihre Macht zu zeigen. Nie darf man vergessen, dass dies nur ein Erziehungsmittel zur Durchführung der commentmäßigen Ordnung und Disziplin und für stets korrektes Handeln und Benehmen sein soll. Nicht auf jeden Witz soll schon eine Stärkung folgen.

    Nicht immer wird das Stärken das richtige Mittel sein, um ein jüngeres Mitglied auf seine Fehler aufmerksam zu machen. Wenn die Verfassung den Einzelnen oder die Stimmung der Gesamtheit schon so weit fortgeschritten ist, dass sich das Präsidium nicht mehr durch

    Stärken Ordnung verschaffen kann, besonders wenn sich einige BbBb schon in alkoholischer Stimmung befinden und sie den Strafcharakter des Stärkenlassens nicht mehr einzusehen vermögen, wäre es widersinnig, diese Strafmittel anzuwenden; man wird den Zweck durchs andere, in diesen Fall gegenteilige Mittel, besser erreichen.

    Die folgenden aufgezählten Strafen stehen nur den Präsidium zur Verfügung (bzw. dem Kontrarium):

  • Kneipordnungsruf

    Zuerst wird das Präsidium der betreffenden Bb den Kneipordnungsruf mit folgenden Worten erteilen: „ Ich erteile Dir den Kneipordnungsruf!“ Bei weiterem commentwidrigen Benehmen wird den Betreffenden zuerst Bierentzug oder BV angedroht.

  • Bierentzug

    Dies geschieht folgendermaßen:

    Präsidium: „N. ich verhänge über Dich für zehn Bierminuten Stoffentzug!“

    Oder: Kontrarium: „ Hohes Präsidium! Peto verbum!“

    Präsidium: „Habeas!“

    K: „Hohes Präsidium! Ich verhänge über N. Stoffentzug f. 10 Bierminuten!“

    P: „Habeas!“

    Diese Ankündigung erfolgt öffentlich, damit einerseits der Strafcharakter gewahrt ist, andrerseits aber auch, damit alle BbBb wissen, dass der Bestrafte in dieser Zeit keinerlei Bierverpflichtungen nachkommen kann. Nach Ablauf der Frist und Besserung verkündet das Präsidium, bzw. Kontrarium mit einen Schlägerschlag:

    „Hohe Corona, N ist wieder bierehrlich!“ wobei die Kontrarien natürlich vorher verbum zu

    peticren haben. Führt sich der Betreffende aber auch weiterhin uncommentmäßig auf, so wird über ihn der BV verhängt.

  • Der Bierverschiss

    Der BV ist die strafweise Ausschließung von der Kneiptafel wegen commentwidrigen Benehmens. Er ist eine den Präsidium allein vorbehaltene Maßregelung zur Aufrechterhaltung der Disziplin. Den Gemaßregelten ist es verboten, seine Bierrechte geltend zu machen, er darf nicht mitsingen und auch nicht an den Kneipzeremonien teilnehmen. In Übrigen unterliegt er eher weiter den Verpflichtungen des Comments. Er ist, commentmäßig gesprochen, nicht mehr bierehrlich. Es erfolgt nur der unbedingt notwendige Verkehr mit ihr und zwar stets mit der Formel: „Ohne mit Dir kohlen zu wollen.“ Wer diese vergisst, „fährt“ ebenfalls in den BV.

    Die frühere Gewohnheit, dass der Leibfuchs freiwillig das Los seines Leibburschen teilte, ist bei den jetzigen, veränderten BV nicht mehr durchzuführen.

    Gründe zur Verhängung des BV sind schwere Verstöße gegen den Comment (Verweigerung des Stärkens, Verulkung des Comments, unrechtmäßiges Stangenabfassen usw.!!)

    Es gibt einen Ersten, einen Zweiten und einen Dritten BV.

    Bemerkt ein Bursch bei einen Burschen oder Fuchsen eine grobe Commentwidrigkeit, so kann er ihn in den Ersten BV rekommandieren (bei leichteren Vergehen lässt er ihn Stärken, bzw. veranlasst dies, wenn er nicht dazu berechtigt ist.) Dies geschieht in folgender Weise:

    A wendet sich an das Kontrarium und rekommandiert B in den BV, nachdem er kurz das Vergehen geschildert hat.

    K (ein Schlägerschlag): „Silentium rekommandiert!“

    P: „ Silentium diktiert!“

    K: „Peto verbum in cerevisialibus,(Bierangelegenheiten) !“.

    P: „Habeas!“

    K: „Studiosus B ist in den Ersten BV rekommandiert!“

    P: gibt nach Prüfung seine Zustimmung: „Studiosus B sitzt im 1. BV!“

    Natürlich kann das Präsidium auch aus eigener Wahrnehmung den BV verhängen. Der Gemaßregelte hat sich sofort an einen von der Kneiptafel abgesonderten Platz zu begeben, seine Mütze über das Glas zu stülpen, (zwei angebrannte Fidibusse kreuzweise darüber zulegen und an seinem Platz zurückzulassen); daher stammt die Formel: „Ohne mit Dir kohlen zu wollen!“

    Der Bierschisser hat sich an dem ihm zugewiesenen Platz streng commentmäßig zu benehmen und darf auch nicht bei sonstiger Verschärfung des BV Ulke und Witze treiben,

    daher sind auch mehrere Bierschisser nach Möglichkeit zu trennen.

    Im Bierverschiss ist der Stoffentzug inbegriffen, der Bierschisser darf natürlich überhaupt keinen Alkohol trinken. Der Bierverschiss dauert wenigstens zehn Bierminuten. Er endet mit der Erklärung des Bierschissers zum bierehrlichen Burschen oder schließlich durch das Ende der Kneipe.

    In der Regel wird nach Ablauf der Zeit ein bierehrliches Mitglied der Bierfamilie für den Bierschisser intervenieren, indem er durch das Contrarium beim Präsidium das Wort erbittet:

    Kontrarium: (Schlägerschlag) „Hohes Präsidium, peto verbum pro Bb N in cerevisialibus!“

    Präsidium: „Habeas!“

    N: „Hohes Präsidium! Bb N paukt sich aus dem ersten in den nullten BV!“

    Er bestimmt jetzt die Aufgabe, mit der sich der Bierschisser herauszupauken hat, er selbst übernimmt das Kommando. Nachdem der Bierschisser seine Aufgabe gelöst hat, fragt N:

    „Hohe Corona, was war studiosus X?“

    Corona: „ Bierschisser!”

    N: „ Hohe Corona! Was ist studiosus X?“

    Corona: „ Bierehrlich!“

    Benimmt sich ein Bierschisser weiterhin uncommentmäßig wird der BV verschärft.

    Präsidium: „Silentium! Bierschisser X sitzt im Zweiten BV!“

    Der Bierschisser hat sich dann zuerst vom 2. in den 1. BV zu pauken, 10 Bierminuten später vom 1. in den nullten BV.

    Das Präsidium kann ex auctoritate einen Bierschisser, auch wenn er im Zweiten BV sitzt, für bierehrlich erklären, ohne dass er sich erst herauspauken muss, wenn sich niemand bereiterklärt, einen Bierschisser nach 10 Bierminuten herauszupauken, kommt dieser sofort in den nächsten BV. Benimmt sich ein Bierschisser auch im 2. BV uncommentmäßig, so kann das Präsidium über ihn den Dritten BV er wird von diesem zur Verantwortung gezogen. Ist schon eine Berauschung vorhanden, so ist es die Pflicht der Bierfamilie, den Betreffenden Bb von der Kneipe zu entfernen und nach Hause zu geleiten